Die 30 besten Alben des Jahres 2019
Die Zukunft ist weiblich
Genauso bunt wie unsere Redaktion, ist auch das Ergebnis unserer jährlichen Abstimmung zum Album des Jahres. Dennoch spiegelt die Tonspion-Liste zu den besten Alben 2019 auf schönste musikalische Weise auch die großen popkulturellen Themen des vergangenen Jahres wieder – und sie ist weiblich wie nie mit gleich sieben(!) Musikerinnen in den Top Ten.
Vielleicht sollten auch die Festivalmacher so langsam zur Kenntnis nehmen, dass heute nicht mehr nur Musik von alten weißen Männern gehört wird, sondern die Szene heute so vielfältig, bunt und weiblich wie nie zuvor ist.
Thematisch geht es um Dinge wie Pop und Politik, Gender und Feminismus, Jugend und Alter, Genremixing und Retrotrend. Und zum Thema Genre-Zuweisung: Braucht diese Kategorie eigentlich noch jemand 2019?
Unsere Nummer Eins Lana Del Rey hat sich jedenfalls bereits ihre eigene einzigartige Nische gebastelt und 2019 endgültig als eine der wichtigsten weiblichsten Stimmen in der Musikbranche etabliert. Ihr Album "Norman Fucking Rockwell" verbindet Aktuelles mit Nostalgie, Pop-Oberfläche mit tiefgründigen Lyrics.
Auch die Nummer Zwei unserer Liste steht für ein großes Thema das Jahres: Die Rebellion der Jugend. Wie viele herablassende Reviews musste man von überheblichen Musikkritikern über das Debüt-Album der 2001 geborenen Billie Eilish lesen? Bei uns nicht, wir feierten dieses beeindruckende Werk!
Und auch Platz drei gehört einer Frau (genauso wie Platz 5 oder 6), die wiederum einen eigenen musikalischen Weg geht: Sharon Van Etten überrascht auf "Remind Me Tomorrow" mit diesem dritten Rang und einem dichten Sound, der lange nachklingt.
Tonspion Jury: Udo Raaf, Kerstin Kratochwill, Nicole Ankelmann, Sebastian Cleemann, Christoph Prenner, Stefan Mertlik, Miriam Wallbaum, Steffen Wals, Christoph Braun, Marinus Seeleitner
TONSPION JAHRESCHARTS ALBEN 2019
1. Lana Del Rey - Norman Fucking Rockwell
Elegisch, elegant und auch ein wenig experimentell ist "Norman Fucking Rockwell" geraten. Die Tracks fließen dabei organisch ineinander und referenzieren sowohl die großen Vorbilder als auch die eigene Vergangenheit. Lana Del Rey hat sich inzwischen als ikonische Meisterin dieses Sadcore-Sounds etabliert.
2. Billie Eilish - When We All Fall Asleep, Where Do We Go?
Jahrgang 2001: Die neue düster-dramatische Pop-Prinzessin Billie Eilish veröffentlicht ihr lang ersehntes Debüt-Album, denn bereits mit 15 Jahren machte sie mit ihren Teenangst-Trotzpop ziemlich Furore. Denn trotz Eilishs wagemutigem Genremix aus Electro, Hip-Hop, Pop und R&B wirken ihre Lieder eben niemals beliebig: Mit Streaming aufgewachsen verschmilzt sie Vorbilder wie Lana Del Rey oder Tyler, The Creator in eine eigene Soundsprache.
Video: Billie Eilish - Bad Guy
3. Sharon Van Etten - Remind Me Tomorrow
"Remind Me Tomorrow" pendelt zwischen Vintage-Synthpop und düsterem Goth-Folk hin und her, mal erinnert Sharon Van Etten dabei an Patti Smith, dann wieder an Bruce Springsteen und manchmal sogar an Portishead oder Kate Bush. Ihr gelingt damit ein schwül, düster drängendes Album, dem man sich gerne trotz – oder eben wegen seiner Verletzbarkeit – schwelgerisch hingibt.
Video: Sharon Van Etten - Seventeen
4. FKA twigs - Magdalene
Artpop, Future-Pop, Urban-Pop: Ungefähre Genrezuweisungen prallen an diesem perfekt geschliffenen Album ab, denn FKA Twigs hat mit "Magdalene" ihr eigenes Sound-Universum kreiert. Die Tracks lassen den Hörer verletzlich, verstört und verzückt zugleich zurück: FKA Twigs erweist sich mit dieser transzendenten und tonnenschweren Sound-Mischung als eine der außergewöhnlichsten atemberaubendsten Künstlerinnen unserer Zeit.
Video: FKA twigs - Cellophane
5. Josin - In The Blank Space
Die deutsche Musikerin Arabella Rauch hat unter dem Namen Josin ein geheimnisvolles Debüt vorgelegt, das zwischen Klassik und Electropop schwebt: "In The Blank Space" ist schimmernd und sehnsüchtig wie eine nordische Bergen- und Seenlandschaft. Ein beeindruckendes Erstlingswerk, in dem jeder Song sowohl durchdacht als auch durchlebt wirkt: Intensiv und entrückt zugleich.
Video: Josin - Burning (For A New Start)
6. Nick Cave & The Bad Seeds - Ghosteen
Ein zentrales Thema von "Ghosteen" ist die Liebe. Nicht nur die zwischen zwei Menschen, sondern vor allem die zu den Menschen ganz allgemein, als Ausdruck von Solidarität. Es geht aber auch um Verlust, Freundschaft und die Schönheit der Natur. Nick Cave ist versöhnlich, dankbar, seine Songs fragil und dennoch entschlossen. Entschlossen, das Leben anzunehmen und es trotz all seiner Unwegsamkeiten zu zelebrieren.
Video: Nick Cave - Ghosteen
7. Marika Hackman - Any Human Friend
Indie-Electro-Folk, der eigentlich unter Genrezuschreibungen förmlich zerfließt: Marika Hackman gelingt ein flirrendes Album über Erotik und Ermächtigung. Und ihr gelingt mit ihrem Album "Any Human Friend" ein kompromissloser Befreiungsschlag.
Video: Marika Hackman - The One
8. Dendemann - Da Nich Für!
Bei Dendemann hört man seit jeher auf jedes Wort - daran haben die letzten acht Jahre auch nichts geändert. Das liegt bei "Da nicht für!" aber nicht mehr nur an den Wortspielen, Metaphern und Reimstrukturen, sondern an der Ehrlichkeit, Direktheit und Haltung des Albums. Dendemann hat nicht nur weiterhin einen festen Platz im Rap, sondern hätte wohl einen Thron verdient. Auch wenn er den mit Sicherheit nicht haben möchte.
Video: Dendemann – Keine Parolen
9. Lizzo - Cuz I Love You
Wer braucht 2019 eigentlich überhaupt noch Genres? Lizzo jedenfalls nicht, die behauptet "I’m the genre. My voice is the genre". Und ja, diese Stimme ist wirklich einzigartig, ein unermüdliches Kraftwerk, aus dem es mal leicht krächzend, sanft soulig oder laut dröhnend tönt. Power pur, Selbstbewusstsein pur und Freude pur: Lizzos poppiger Soul-Funk-Rap-R&B wird weiterstrahlen, definitiv.
Video: Lizzo - Juice
10. Flying Lotus – Flamagra
Über all den Songs liegt eine spirituelle sowie psychedelische Aura, so dass die Tracks stets etwas von einem etwas verspulten Gospel-Gottesdienst haben: Ekstatisch, aber auch entspannt entfalten die Songs so einen Soul, der größer ist als das Genre, sondern im wahrsten Sinne voller Seele sind.
Video: Flying Lotus - More feat. Anderson .Paak
11. Karen O & Danger Mouse - Lux Prima
13. Bruce Springsteen - Western Stars
15. The Twilight Sad - It Won’t Always Be Like This All The Time
17. Blood Orange - Angel’s Pulse
18. Apparat - LP5
19. Glen Hansard - This Wild Willing
20. HVOB - Rocco
22. Ride - This Is Not A Safe Place
23. Hot Chip - A Bath Full Of Ecstasy
25. Moritz Krämer - Ich hab’ einen Vertrag unterschrieben 1 & 2
27. Tindersticks - No Treasure But Hope
28. Kate Tempest - The Book Of Traps And Lessons
29. Kadavar - For The Dead Travel Fast
30. DIIV - Deceiver